Kohlrabi - Der unterschätzte mit Biss


 

Er kugelt sich seit Jahrhunderten durch Schweizer Gärten – still, fleissig, unaufgeregt: der Kohlrabi. Weder exotisch noch spektakulär, aber zuverlässig, robust und schneller auf dem Teller als man „Erntezeit“ sagen kann. Bereits im 16. Jahrhundert wurde er in Europa angebaut – und seither gehört er auch hierzulande zum festen Gemüseinventar. Dennoch: So richtig beliebt ist er nie geworden. Vielleicht, weil ihm das Glanzstück fehlt. Kein Wow-Effekt, kein grosses Aroma-Feuerwerk – aber dafür: sanfte Süsse, feiner Biss, voller Nährwert.

 

Denn Kohlrabi ist gesund. Reich an Vitamin C, Kalium, Ballaststoffen – leicht verdaulich und sogar roh ein Genuss. Kinderfreundlich? Durchaus, wenn man ihn clever zubereitet. Und im Garten? Ein Traum! Schnellwachsend, anspruchslos und mit zartem Geschmack schon nach wenigen Wochen erntereif.

Wie also machen wir ihn beliebter? Mit neuen Ideen, spannenden Kombinationen – und dem Mut, ihn nicht nur in der Suppe zu versenken. Denn der Kohlrabi hat mehr verdient als nur Nebenrolle.



 

Die Geschichte des Kohlrabis beginnt – wie so viele Gemüsegeschichten – irgendwo zwischen Bauernweisheit und botanischer Finesse. Er ist kein Wildgemüse, kein wilder Sammlerfund aus uralten Wäldern, sondern ein echtes Kulturprodukt. Ein Gewächs, das so in der Natur nie vorkam. Entstanden ist der Kohlrabi durch gezielte Züchtung aus dem wilden Kohl – wahrscheinlich schon in der Antike, irgendwo rund ums Mittelmeer.

 

Die Römer kannten den Vorfahren, aber der Kohlrabi, wie wir ihn heute kennen, taucht erst im 16. Jahrhundert erstmals namentlich auf – interessanterweise im deutschsprachigen Raum. Sein Name ist eine Art Gemüse-Esperanto: „Kohl“ aus dem Deutschen, „rabi“ vom lateinischen „rapa“ – Rübe. Also eigentlich: Kohlrübe. Passt irgendwie.

 

Von dort aus begann er seine stille Reise durch Europa – nicht spektakulär, aber konstant. Er wurde in Klostergärten gepflegt, von Bauern geschätzt und bald auch in den Gärten der Schweiz angebaut. Warum? Weil er unkompliziert war. Schnell wuchs. Und weil man ihn roh, gekocht, gedämpft, gebraten – oder einfach direkt aus dem Beet essen konnte.

 

Trotzdem blieb der Kohlrabi lange im Schatten seiner prominenteren Verwandten – Blumenkohl, Wirz, Broccoli. Vielleicht, weil ihm das Dramatische fehlt. Kein bunter Farbschimmer, keine aufwendige Zubereitung, kein modischer Hype.

Aber gerade das macht ihn so charmant. Der Kohlrabi ist ein Gemüse mit Geschichte – und mit Zukunft. Wer ihn kennt, weiss: Hinter seiner schlichten Form steckt ein echtes Stück Kulturgeschichte, das längst wiederentdeckt werden darf.



Auf den ersten Blick wirkt er fast unscheinbar: hellgrün, rund, mit ein paar zarten Blättern, die keck in alle Richtungen stehen. Aber wer sich vom schlichten Äusseren täuschen lässt, verpasst eine echte Gesundheitsbombe. Denn der Kohlrabi hat es in sich – und zwar im besten Sinn.

 

Sein mild-süsslicher Geschmack macht ihn nicht nur bei Kindern beliebt, sondern auch im Magen. Kohlrabi ist nämlich besonders gut verträglich – kein schwerer Blähbauch, keine rebellierende Verdauung. Stattdessen bringt er eine ordentliche Portion Ballaststoffe mit, die sanft und effektiv den Darm auf Trab halten.

Dazu kommen jede Menge Vitamine. Vor allem Vitamin C ist in beachtlicher Menge vertreten – gut fürs Immunsystem, die Haut und gegen Alltagsmüdigkeit. Eine einzige Knolle deckt locker einen grossen Teil des Tagesbedarfs. Kalium reguliert den Blutdruck, Kalzium stärkt die Knochen und Magnesium entspannt die Nerven – also quasi ein ganzes Wellnessprogramm im Gemüsekostüm.

 

Und als ob das nicht genug wäre: Kohlrabi enthält sekundäre Pflanzenstoffe wie Glucosinolate, die in Studien mit krebshemmenden Effekten in Verbindung gebracht werden. Klingt kompliziert, wirkt aber ziemlich beeindruckend. Besonders spannend: Auch die zarten Kohlrabiblätter sind wahre Nährstoffwunder – oft achtlos weggeschnitten, obwohl sie mehr Vitamine enthalten als die Knolle selbst.

 

Kurz gesagt: Kohlrabi ist das perfekte Alltagsgemüse für alle, die sich etwas Gutes tun wollen – ganz ohne Superfood-Hype und komplizierte Zubereitung. Gesund, sanft, vielseitig. Ein echter Schweizer Gartenschatz.



Es ist eigentlich eine stille Tragödie: Der Kohlrabi, mild, knackig und kindgerecht wie kaum ein anderes Gemüse, wird gar nicht abgelehnt – sondern schlicht vergessen. Nicht von den Kindern, sondern von den Eltern. Zwischen Broccoli, Rüebli und Cherry-Tomaten verliert er seinen Platz im Einkaufskorb. Und das, obwohl er ein echter Kandidat für die kindliche Lieblingsliste wäre.

 

Denn das Prinzip ist bekannt: Man isst, was man kennt. Und was zu Hause nie auftaucht, wird am Familientisch auch nicht vermisst. Dabei bringt Kohlrabi alles mit, was Kinder mögen: eine sanfte Süsse, keine bitteren Überraschungen, und er lässt sich roh wie gekocht leicht verarbeiten. Ob als Sticks mit Hummus, fein geraspelt im Sandwich oder einfach pur zum Knabbern – er hat durchaus Starpotenzial. Aber jemand muss ihn auf die Bühne holen.

 

Hier kommen die Eltern ins Spiel. Sie sind die heimlichen Regisseur:innen des Gemüsealltags. Wenn sie neugierig machen, vorleben und kreativ zubereiten, öffnen sie Türen für neue Geschmackserlebnisse. Kinder brauchen Wiederholungen – nicht nur beim Lieblingsbuch, sondern auch beim Essen. Und Kohlrabi? Der ist geduldig. Er wartet gerne ein paar Anläufe lang, bis er sich ins kulinarische Gedächtnis der Familie schleicht.

 

Kurz gesagt: Es ist nicht der Geschmack, der fehlt – es ist die Präsenz. Also: ruhig mal wieder einen Kohlrabi in den Einkaufswagen legen. Der Rest passiert fast von allein.



Wer einmal Kohlrabi im eigenen Garten gezogen hat, weiss: Dieses Gemüse ist wie gemacht für alle, die es unkompliziert und schnell mögen. Kein Mimosengemüse, kein Sensibelchen mit Sonderwünschen. Kohlrabi ist robust, verlässlich – und vor allem schnell! Vom Samen zur Ernte vergehen oft keine zwei Monate. Perfekt für Ungeduldige, Gartenneulinge oder kleine Nachwuchsgärtner:innen, die gerne bald Ergebnisse sehen.

 

Am liebsten wächst er in lockerem, nährstoffreichem Boden mit etwas Kompost. Ein sonniges Plätzchen und regelmässiges Giessen reichen ihm vollkommen – Staunässe mag er nicht, aber ein gleichmässig feuchter Boden lässt ihn saftig und zart heranwachsen. Besonders praktisch: Kohlrabi braucht wenig Platz. Wer keinen grossen Garten hat, kann ihn auch problemlos im Hochbeet oder Balkonkistli ziehen.

 

Gepflanzt wird ab März – direkt ins Beet oder als vorgezogene Jungpflanze. Und wer schlau ist, sät ihn im Abstand von zwei Wochen immer wieder neu. So gibt’s den ganzen Frühling und Sommer über frischen Kohlrabi, Ernte für Ernte.

Ein weiterer Pluspunkt: Er ist selten krank. Kein Liebling der Schnecken, keine grosse Zielscheibe für Schädlinge – was im Gemüsebeet durchaus Seltenheitswert hat. Und wenn die Knollen schön dick sind, aber noch zart, ist der perfekte Zeitpunkt gekommen: ernten, abdrehen, ab in die Küche.

 

Kurz: Kohlrabi ist das ideale Gartengemüse – pflegeleicht, schnell, kinderfreundlich und geschmacklich dankbar. Wer ihn einmal selber gezogen hat, wird ihn so schnell nicht mehr missen wollen. Und ganz nebenbei: Die eigenen Kohlrabi schmecken immer noch ein bisschen besser.



Der Kohlrabi hatte lange ein Imageproblem. Zu einfach, zu bodenständig, zu unscheinbar. Doch genau das macht ihn in der modernen Küche plötzlich wieder spannend. Während exotische Zutaten laut auftreten, schleicht sich der Kohlrabi still und raffiniert zurück in Szene – in Sternelokalen wie in trendigen Bistros.

Dort wird er nicht mehr nur gekocht, sondern gefeiert: als feines Carpaccio mit Zitrusöl, als knackige Einlage in asiatischen Bowls oder fermentiert mit Dill und Senfsaat. Sogar als vegane Tatar-Alternative macht er sich überraschend gut – gewürfelt, gewürzt, raffiniert. Sein mildes, leicht süssliches Aroma ist wie eine Leinwand für Aromen – es verträgt Säure, Schärfe, Röstaromen und Kräuter aller Art.

 

Auch zu Hause darf man sich trauen: Kohlrabi harmoniert wunderbar mit Zitrusfrüchten, Minze, Gurke oder Apfel. Wer’s herzhaft mag, kombiniert ihn mit Käse – etwa Ziegenfrischkäse, Gruyère oder Feta. Auch gut: leicht anbraten mit Curry und Kreuzkümmel oder fein püriert als Suppe mit einem Klecks Joghurt und frischer Petersilie (oder Peterli, wie wir sagen).

 

Und ja, er kann sogar süss: geraspelt im Smoothie mit Birne und Ingwer oder hauchdünn in einem Salat mit Honigdressing. Der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt.

 

Die moderne Küche liebt ihn gerade, weil er sich nicht aufdrängt. Er lässt Raum, bleibt freundlich – und überrascht dann umso mehr. Vielleicht ist es an der Zeit, dass auch unsere Alltagsküche ihm wieder einen Ehrenplatz einräumt. Verdient hätte er’s.